DIE HONIGBIENE – WESTLICHE HONIGBIENE (Apis mellifera)

 

 

IHRE ENTSTEHUNG

 

Vor über 100 Millionen von Jahren begannen die Pflanzen neue Vermehrungsstrategien zu entwickeln. Sie fingen an, in ihren Blüten Nektar und Pollen zu produzieren, um Insekten anzulocken. Diese sollten sich nicht nur am gedeckten Tisch laben können sondern sie sollten gleichzeitig die Bestäubung der Pflanze übernehmen. Der evolutionäre Plan ging auf. Einige Insekten entschieden sich ihre fleischliche Kost gegen süssen Nektar und eiweisshaltigen Pollen einzutauschen. Auch einige Wespen wurden somit zu veganen Insekten und aus diesen Wespen entwickelten sich dann im Laufe der Zeit Bienen. Die Geschichte der Honigbiene begann also als eine Koevolution mit den Blütenpflanzen. Der älteste Bienenfund (ca. 50 - 80 Millionen Jahre alt) ist eine in Bernstein konservierte Biene, die in Birma gefunden wurde und in Europa wurde eine Urform der Honigbiene gefunden, welche auf 25 Millionen Jahre geschätzt wird. Diese europäische Urform steht zwar unserer Westlichen Honigbiene sehr nahe, ist mit ihr aber nicht identisch.

Von den Urbienen überlebte keine die Millionen Jahre dauernde Eiszeit. Eine Existenz war für sie in den meisten Teilen Europas unmöglich. Es blieben ihr nur drei Zufluchtsorte: die Iberische-Halbinsel (nordafrikanische Varietät der Apis intermissa), die Apenninen-Halbinsel (Apis mellifera ligustica) und die Balkan-Halbinsel (Balkan-Biene). Während sich die Bienen der Apenninen- und Balkan-Halbinseln nach der Eiszeit nicht ungehindert verbreiten konnten, standen den Bienen von der iberischen Halbinsel keine Hindernisse zur Verbreitung im Weg. Aus diesen Bienen entwickelten sich dann alle Unterformen der Westlichen Honigbiene.

 

Heute werden rund 25 verschiedene Rassen zur Westlichen Honigbiene gezählt, welche sich eindeutig durch ihr Verhalten und Aussehen voneinander unterscheiden. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Apis mellifera – unserer Westlichen Honigbiene - erstreckt sich über ganz Europa, Afrika und Vorderasien.

 

Im Fall der Honigbiene ist keine progressive Evolution vorhanden, doch ein unbestrittener Beweis einer unerbittlichen Naturauslese. Die Honigbiene hat in den Millionen Jahren eine einzigartige Lebensweise entwickelt, welche in der Tier- bzw. Insektenwelt Seltenheitswert besitzt.

 

 

IHRE GESCHICHTE

 

Wir wissen nicht genau wann der Homo sapiens sapiens auf die Bienen und deren Erzeugnisse gestossen ist, doch neueste Ausgrabungen in Afrika belegen, dass der Mensch bereits vor 40 000 Jahren die Biene und deren Produkte kannte und nutze. In Europa ist die alte Felsmalerei eines Honigjägers aus Cueva de la Arana bei Bicop (spanische Provinz Valencia) die älteste Darstellung, die zeigt, wie der Mensch an die Erzeugnisse der Honigbiene kam. Diese Höhlenmalerei wird auf

ca. 12 000 Jahre geschätzt. Archäologische Funde zeigen, dass bereits im „alten Ägypten“ Bienen in Tonröhren-Beuten gehalten wurden. Von der Antike bis zum Mittelalter waren Bienenprodukte wichtige Alltags- und Handelsgüter. Die römische Bienenzucht war um Christi Geburt ein bedeutender Bereich der landwirtschaftlichen Grossbetriebe. Die Bienenvölker wurden in Strohkörben oder Holzkästen gehalten. Doch die inländische Bienenhaltung konnte die Nachfrage an Honig und Wachs nicht decken, so dass die Römer diese Produkte einführen mussten. Auch am Reichtum des alten Russlands waren die Bienen beteiligt, da über mehrere hundert Jahre Bienenerzeugnisse exportiert wurden.

 

Im Mittelalter hatte dann die christliche Kirche der Bienenzucht und -haltung einen ungewöhnlichen Aufschwung beschert. Grund dafür war der enorme Bedarf an Bienenwachs, denn es war vorgeschrieben bei jedem Gottesdienst Bienenwachskerzen anzuzünden. In erster Linie waren Klöster Träger und Förderer der Bienenzucht, danach die Bauern, welche zu einer Wachszins verpflichtet waren und zum Schluss die „Wachszinsler“ (besitzlose Bauern, welche sich ihre Freiheit durch jährliche Wachsabgabe erkauften). Zinsen, Gebühren und Bussen mussten damals mit Wachs, Honig oder Met (Honigwein) beglichen werden, wobei Wachs eine lange Zeit wertvoller als Gold war. Dies führte dazu, dass die Bienenhaltung für viele eine unerlässliche Nebenbeschäftigung wurde.

Karl der Grosse erliess Gesetzte zur Förderung der Bienenhaltung. So mussten auf jedem kaiserlichen Landgut Bienen von ausgebildeten Imkern gehalten und betreut werden. Die Imkerei florierte, hatte einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert und wurde durch Gesetze geschützt. Doch zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert zerfiel die Bienenhaltung immer mehr. Ein wesentlicher Grund dafür war die Reformation der Kirche, was die Wachsnachfrage zurückgehen liess, da auf Lichterglanz verzichtet wurde. Die Klöster und Kirchen lösten ihre Imkereien auf. Auch Kriege waren am Untergang der damaligen Bienenhaltung beteiligt. Im deutschsprachigem Raum hatte der dreissigjährige Krieg (1618–1648) verheerende Folgen für die Tierhaltung. 80 % des Viehbestandes fielen diesem Krieg zum Opfer, wozu auch die Bienen zählten. So gingen viele Bienenvölker und auch das Wissen über sie und ihre Haltung verloren. Zudem forderte auch die Pest viele Menschenleben, was ebenfalls zu Wissensverlust über die Bienen führte. Des Weiteren lösten viele Bienenhalter ihre Bienenstände auf, um den königlichen Steuern auf Bienenwachs zu entgehen, oder sie reduzierten ihre Völker auf ein Minimum, um die Kosten niedrig zu halten.

Durch Erschliessungen neuer Handelswege nach Afrika, Asien und Amerika veränderten sich Handelsplätze und Handelsgüter. Produkte aus Bienenerzeugnissen wurden durch billigere Alternativen verdrängt. Anstatt mit Honig wurde mit Zucker gesüsst und anstatt Bienenwachs wurde pflanzliches Carnaubawachs verwendet. Die Landschaft wurde zudem neu genutzt. Durch die aufstrebende Industrialisierung und die wachsenden Städte stieg der Holzverbrauch gewaltig an. Um genügend Holz roden zu können, wurde das Ziedlerwesen* (Worterklärung) zum Teil verboten. Dies hatte zu Folge, dass Wälder und Hecken verschwanden und Bienenweiden durch die immer grösser werdende landwirtschaftliche Nutzfläche verdrängt wurden oder verarmten.

Letztlich führten die Wertminderung der Bienenerzeugnisse und die hohen Kosten, welche die Bienenhaltung mit sich brachte, zur Wertminderung der Bienen. Sie hatten zu dieser Zeit ihren Glanz in den Augen der Menschen eingebüsst. Dies führte dazu, dass nur mittelstarke Völker überwintert wurden, da starke Völker zu hohe Kosten verursachten und die schwachen Völker sowieso nicht überlebensfähig waren.

Doch die Tage der Bienen waren noch nicht gezählt. Biologen, Insekten- und Bienenfreunde widmeten sich weiterhin mit grosser Leidenschaft diesem einzigartigen Superorganismus, über den damals nur wenig bekannt war und viel Irrglauben herrschte. Nachdem die Wichtigkeit der Honigbiene für die Bestäubung von Obst- und Gemüsepflanzen erkannt war, änderte sich die Haltung der Menschen der Biene gegenüber wieder. Durch Forschung und Beobachtung der Honigbienen, wurde nicht nur die Wahrnehmung der Bienen beeinflusst sondern auch deren Haltung. Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurden bewegliche Rähmchen für die Waben erfunden, um die Arbeit am Bienenvolk zu erleichtern und gleichzeitig sicherten diese Rähmchen dem Volk das überleben. Bis zu dem Zeitpunkt wurden die Völker nämlich bei Honig- und/oder Wachsernte zerstört. Dies hatte dank der beweglichen Rähmchen ein Ende und war ein erster Schritt Richtung gegenwärtiger Imkerei.

 

 

MOMENTANE SITUATION DER HONIGBIENE

 

Heute sind ca. 20'000 Bienenarten bekannt, welche auf der ganzen Erde verteilt leben, mit Ausnahme der Antarktis und dem Hochgebirge. Die bekannteste und best erforschteste Vertreterin ist die Westliche Honigbiene. Dieses Insekt ist wohl das kleinste Haustier der Menschen und kann in der heutigen Zeit leider nur noch mit Hilfe des Menschen überleben. Die gegenwärtige weltweite Situation der Honigbiene ist sehr bedenklich, denn es gibt viele Faktoren die ihr Leben und Überleben negativ Beeinflussen: Krankheiten wie Faul- und Sauerbrut, Parasiten und Schädlinge wie Varroamilbe und der kleine Beutekäfer (momentan noch nicht in der Schweiz), Rückgang der Biodiversität, Verlust von ungenutzten Agrarflächen, Teils Nahrungsknappheit durch landwirtschaftliche Nutzung der Wiesen, landwirtschaftliche Pflanzensprühmittel welche für Insekten tödlich sind, Stress durch die imkerliche Betriebsweise oder Fehlentscheidungen des Imkers / der Imkerin . . .  Wir denken, dass es nicht eine Ursache ist, welche zum momentanen Bienensterben führt sondern, dass es ein Mix aus verschiedenen Faktoren ist, der den Bienen zu schaffen macht. Die Honigbiene ist ein Indikator dafür, dass es unserem Ökosystem schlecht geht!

 

Doch wir Imker sind bestrebt, den Bienen zu helfen. Wir müssen uns bewusst machen, dass die Honigbiene seit Jahrhunderten durch den Menschen „selektioniert“ wurde und dabei achtete der Mensch nicht nur auf gute Eigenschaften. Was heisst nun gute Eigenschaften? Die Natur hat ihre eigene Auslese, in der es darum geht, dass nur die Stärksten, die Schlausten und die welche sich am besten anpassen können überleben. Doch bei der menschlichen Auslese sah (und sieht) das leider anderst aus, die grössten, stärksten und vitalsten Völker, mit dem grössten Ertrag, wurden bei der Honigernte vernichtet. So durften nur die mittelstarken Völker überleben und sich vermehren. Bis zur Erfindung der mobilen Rähmchen, mit denen heute grösstenteils geimkert wird, ging somit gutes Genmaterial verloren! Auch optische Merkmale, welche zur Erhaltung der Rasse dienten, wurden bevorzugt gezüchtet, anstatt auf Gesundheit und Vitalität zu achten. Doch auch hier findet in Imkerkreisen ein Umdenken statt. Bezüglich Varroa werden züchterische Anstrengungen unternommen, damit die Bienen irgendwann auch mit der Milbe und ohne menschliches Zutun überlebensfähig bleiben.

 

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, denn Biene die best mögliche Grundvoraussetzung zu bieten und bei unserer Königinnenzucht auf die „guten Eigenschaften“ zu setzten, damit sich die Bienen vollends entfalten können – es liegt in unserer Verantwortung und in unserem Handeln, das Überleben der Honigbienen zu sichern, was nicht nur der Bienen zu Gute kommt, sondern dem gesamten Ökosystem und schliesslich auch uns Menschen.

 

 

IMKERN HEUTE

 

Weltweit imkern heute die meisten Bienenhalter mit mobilen Rähmchen und Beuten (Bienenkästen), doch Format der Kästen und der Rähmchen variieren sehr stark je nach Land und je nach Imker. In der Schweiz gibt es eine traditionelle Bienenhaltung: das Bienenhaus. Darin wird mit dem Schweizerkasten und den dazu passenden Rähmchen geimkert. Doch auch das freistehende Magazin hat sich mit der Zeit in der Schweiz eingefunden und erfreut sich immer grösser werdenden Beliebtheit. Jedes Beutesystem weisst Vor- sowie Nachteile auf und jeder einzelne Imker/Imkerin entscheidet selbst, was er/sie bevorzugt. Auch bei der Wahl der Bienenrasse ist es dem Imker/der Imkerin überlassen, was er/sie halten möchte. Doch bei der Wahl der Bienenrasse und des Beutesystems sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die beiden Komponenten zusammenpassen, denn es gibt Bienenrassen die grössere Völker bilden als andere und somit auch einen grösseren Brutraum benötigen (z.B. Buckfast Biene). Andere Völker wären mit zu grossen Bruträumen überfordert (z.B. Dunkle Biene), also benötigen solche Bienen kleinere Bruträume – beide Rassen könnten sich im schlechtesten Fall nicht vollends Entfalten.

 

Wer heute mit dem Imkern beginnt, absolviert im Normalfall den Bienengrundkurs, der ca. 2 Jahre dauert. Dort wird grundlegendes Wissen über die Bienenhaltung und die Bienen vermittelt. Die Vertiefung in die gesamte Materie findet dann mit der eigenen Bienenhaltung statt. Die Bienen sind die besten Lehrerinnen – so empfinden es wir. Doch auch Literatur von div. Imkern sind für die Vertiefung empfehlenswert. Natürlich ist es auch immer von Vorteil, andere Imker zu kennen oder in einem Imkerverein zu sein, um Erfahrungen auszutauschen und Rat einzuholen oder zu geben.

Das Imkerhandwerk ist in der Schweiz, trotz hoher Bienendichte für die meisten Imker ein Hobby. Je nach Jahreszeit ist es sehr Zeitintensiv – es kommt natürlich auch darauf an, wie viele Völker man hält – und je nach Jahreszeit sind andere Arbeiten zu verrichten, also bedingt es zum Teil an planerischer Voraussicht. Doch die Bienen sind jede Minute und jede Arbeit wert!